Brahms - Piano Works -Jimin Oh-Havenith

Maarten-Jan Dongelmans, gelderlander.nl, 11.10.2025

Atemberaubend

„Es gibt Künstler, die am liebsten live auftreten, und dann gibt es Jimin Oh-Havenith. Die südkoreanische Pianistin macht am liebsten CDs. Nach einer international gefeierten Reihe von Alben mit Musik von Robert Schumann steht am 1. November Brahms Solo Piano Works auf dem Programm, eine Veröffentlichung mit einer umfangreichen Brahms-Anthologie.

Das deutsche Label audite präsentiert [….] eine Box mit drei CDs, auf denen wir Charakterstücke, aber auch drei große Variationswerke und eine Bearbeitung von Bachs Chaconne finden. Die besonders gelungenen Aufnahmen stammen aus dem Leibniz Saal in Hannover und wurden im November 2024 aufgenommen.

Die Verbindung zu den früheren Schumann-Veröffentlichungen fehlt nicht. Auf der ersten CD befinden sich Variationen über ein Thema von Robert Schumann, Opus 9. Anhand der hier zur Schau gestellten Ausdruckskraft kann ich ableiten, wie erfolgreich ihre Schumann-Auswahl gewesen ist. Ich begann jedoch mit dem Hören von Jimins Spiel mit der beeindruckenden Interpretation der Chaconne am Anfang der zweiten CD. […]

Der Anschlag ist von selten gleichmäßiger Klangfarbe und lässt die obsessive Musik für sich sprechen. Die Phrasen klingen durchdacht und singen sich aus […] Die Poesie von Johannes Brahms liegt Jimin Oh-Havenith mindestens genauso gut. Das hören wir sehr gut in den vier Balladen, Opus 10. Der spannende Unterton zieht sich wie ein roter Faden durch das gesamte Werk. Die substanzielle Zweite Ballade in D erinnert an die Barcarolles von Frédéric Chopin und Felix Mendelssohn. Der Mittelteil spricht wiederum die launische Sprache von Schumann.

Apropos Launenhaftigkeit: Die Dritte Ballade in h-Moll mischt rhythmische Kontraste mit hauchzarten Glockentönen.Das alles ist sehr suggestiv. Für die Interpretin ist es eine echte Herausforderung, aber sie behält einen kühlen Kopf und bringt die notwendigen Nuancen ein. Auch die luftigere Seite des romantischen Brahms beherrscht die Koreanerin gut. Die Sechzehn Walzer, Opus 39 – gespielt unmittelbar nach den stürmischen Zwei Rhapsodien, Opus 79 – sprühen aus den Lautsprechern.

Während die dritte CD unter anderem mit den Klavierstücken op. 76, 118 und 119 sowie Intermezzi gefüllt ist, dominieren auf der ersten CD die großen Variationswerke, nämlich die Opusnummern 24, 9 und 21, Nr. 1. Es ist beeindruckend, wie die Pianistin in den monumentalen Variationen und Fuge über ein Thema von Händel, Opus 24, die Sprache des Barock mit dem Atem der Romantik vereint. Das Ergebnis? Ein fröhlicher Händelscher Brahms, gespielt von einer Künstlerin, die das Erbe der Alten Musik mit der Art und Weise in Einklang bringt, wie man Brahms‘ Stil in unserer Zeit umsetzt.

Atemberaubend. Ich bin daher sehr gespannt auf die nächste Veröffentlichung. Womit wird sich die Koreanerin das nächste Mal auf dem Qualitätslabel aus Detmold. [Übersetzung]