Jimin Oh-Havenith - Schumann: For Clara

Jan Ritterstaedt, Schumann Journal, schumannjournal.net, 11 / 2023

„„Sonata quasi una Fantasia“ – das hat Ludwig van Beethoven über seine berühmte Mondscheinsonate geschrieben. Und dieser Titel würde auch sehr gut zu Jimin Oh-Haveniths Interpretation von Robert Schumanns erster Klaviersonate fis-Moll Op. 11 passen. Denn die Pianistin spielt das Werk so als wäre es eine einzige große Fantasie. Zeitweise habe ich beim Hören sogar das Gefühl, die Musik entsteht jetzt gerade erst in diesem Moment. […] Die Interpretin schaut tief hinein in diese Musik. Mit Oberflächlichem gibt sie sich nicht zufrieden. Das gilt auch für das Finale der Sonate: kein hastiges Tempo, keine aufgesetzte Brillanz und Virtuosität. Dafür organisches Wachsen und Weben.[…]

Es verwundert nicht, dass Pianistin Jimin Oh-Havenith auch Schumanns Fantasie sehr frei gestaltet. Auch bei diesem Werk nimmt sie sich viel Zeit, im Grunde jede Note, jede kleine Phrase musikalisch auszukosten und auf ihren emotionalen Gehalt hin abzuklopfen. Es entsteht erneut ein organisch-fließendes Wechselbad menschlicher Gefühle. Dazu kommt die große technische Souveränität der Pianistin: bis in die letzten Winkel hat sie Schumanns komplexen Klaviersatz durchleuchtet und für sich erschlossen. Himmlisch schön spielt sie den letzten Satz der Fantasie: „Langsam getragen. Durchweg leise zu halten“ steht darüber. Hier fühle ich mich tatsächlich wie im siebten Himmel: wunderschön innig, herzlich, aufrichtig und zart spielt die Pianistin. […]

Jimin Oh-Havenith hat tief in Robert Schumanns Seele geblickt. Und vielleicht hat sie in ihrer Interpretation ja die beiden Alter Egos Schumanns – Florestan und Eusebius – auf wundersame Weise versöhnt, ohne dass diese beiden so unterschiedlichen Charaktere miteinander wirklich verschmolzen wären. Ich bin schon sehr gespannt auf die geplanten weiteren CDs mit Schumanns Klavierwerken!“

(Jan Ritterstaedt | Schumann Journal 11/2023, März 2024)